Europäische Leitlinie zur Videoüberwachung beschlossen
Pressemitteilung der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit
Der Europäische Datenschutzausschuss hat in seiner gestrigen Sitzung in Brüssel mit großer Mehrheit eine Leitlinie zum datenschutzkonformen Einsatz von Videoüberwachung beschlossen. Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Maja Smoltczyk, die die Entstehung der Leitlinie als Hauptberichterstatterin betreut hat, begrüßt das Ergebnis.
Die seit Mai 2018 wirksame Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) enthält keine speziellen Regeln zur Videoüberwachung. Deswegen müssen die datenschutzrechtlichen Anforderungen an den Einsatz von Videoüberwachung aus den allgemeinen Regelungen des Gesetzeswerks abgeleitet werden. Dies fordert nicht nur die Unternehmen, die Videotechnik rechtskonform einsetzen möchten, heraus. Auch die europäischen Aufsichtsbehörden stehen vor der Herausforderung, eine europaweit einheitliche Handhabung im Bereich der Videoüberwachung zu schaffen. Die nun beschlossene europäische Leitlinie ist ein wichtiger Beitrag in diesem Prozess. Dem Beschluss gingen intensive Verhandlungen zwischen den europäischen Aufsichtsbehörden im Datenschutzausschuss voraus. Zudem erfolgte eine großangelegte Beteiligung der Öffentlichkeit, bei der sich Interessenvertreterinnen und -vertreter aus Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft wie auch Privatpersonen einbringen konnten.
Die
Leitlinie betont den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Da jede
Videoüberwachung mit einem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte verbunden ist,
muss ihr stets ein berechtigtes Interesse des Kamerabetreibers zugrunde liegen.
Dieses Interesse muss objektiv vorliegen, das heißt, bei einer Videoüberwachung
aus Sicherheitsgründen müssen stets auch tatsächliche Anhaltspunkte für eine
Gefahr für Leib, Leben oder Sachgüter vorliegen. Die Leitlinie stellt klar,
dass ein rein subjektives Sicherheitsgefühl nicht genügt, um eine
Videoüberwachung zu rechtfertigen.
Auch mit Blick auf die Verarbeitung biometrischer Daten bietet die Leitlinie
Klarheit. Gemäß der DS-GVO ist es privaten Unternehmen ohne ausdrückliche
Einwilligung der Betroffenen grundsätzlich verboten, solche Daten zum Zwecke
der Identifizierung bestimmter Personen zu verarbeiten. Die Leitlinie
konkretisiert nunmehr die strengen Anforderungen der DS-GVO an die Wirksamkeit
solcher Einwilligungen. Außerdem bietet sie Hilfestellungen zu Fragen der
Transparenz bei Videoüberwachungsmaßnahmen.
Maja
Smoltczyk:
„Die kürzlich bekannt gewordenen Geschäftsgebaren des Dienstleisters Clearview
haben uns die Begehrlichkeiten nach biometrischen Daten in der heutigen Zeit
nicht nur von staatlicher, sondern auch von privater Seite deutlich vor Augen
geführt. Ich halte diese Entwicklung für höchst bedenklich. Die Freiheit, sich
in der Öffentlichkeit auch unbeobachtet bewegen zu können, ist ein besonders
hohes und schützenswertes Gut unserer freiheitlichen Gesellschaft, das wir
unbedingt bewahren müssen. Deshalb war es mir ein wichtiges Anliegen, dass
meine Behörde die Federführung für die Erarbeitung der Europäischen Leitlinie
zur Videoüberwachung übernimmt, um so auf ein möglichst hohes Datenschutzniveau
für Betroffene hinzuwirken und gleichzeitig für die Unternehmen klare und
handhabbare Vorgaben zu machen.“
Die Europäische Leitlinie zur Videoüberwachung wird in Kürze veröffentlicht und auf den Webauftritten der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (www.datenschutz-berlin.de) sowie des Europäischen Datenschutzausschusses (https://edpb.europa.eu/edpb_de) abrufbar sein.
Hintergrund
Mit Wirksamwerden der DS-GVO hat der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA)
seine Arbeit aufgenommen. In diesem Gremium sind Datenschutzaufsichtsbehörden
aller europäischer Mitgliedstaaten sowie der Europäische Datenschutzbeauftragte
und die Europäische Kommission vertreten. Eine wichtige Aufgabe besteht darin,
allgemeine Leitlinien zur Interpretation der DS-GVO herauszugeben. Damit soll
Klarheit hinsichtlich der Begriffe in den europäischen Datenschutzgesetzen im
Sinne einer einheitlichen Auslegung geschaffen werden. Am 28./29. Januar 2020
tagte der EDSA zum 17. Mal.
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