Mit ihr soll die vor einem Jahr vom Bundestag beschlossene “Speicherpflicht für Verkehrsdaten” gekippt werden. Die Kläger unter Federführung des Vereins Digitalcourage e.V. halten sie trotz der Änderungen gegenüber der ersten Auflage des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung für unzulässig. Für die Provider hat bereits im Mai die Firma Space.net gegen das Gesetz geklagt.
Wie schon vor Monaten angekündigt, wurde jetzt vom Verein Digitalcourage e.V. als Stellvertreter eines breiten Bündnisses aus Bürgerrechtlern, Datenschützern, Politikern und Prominenten eine Verfassungsbeschwerde gegen das vor gut einem Jahr vom Bundestag beschlossene, neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, eingelegt. Um der Klage (PDF) Nachdruck zu verleihen, wurde auch eine Liste mit Unterschriften von mehr als 32.000 Unterstützern eingereicht. Mit der Klage wird angestrebt, die umstrittene Neuauflage des Gesetzes ebenso für verfassungswidrig erklären zu lassen, wie seinen Vorgänger.
Die mit dem Gesetz erlaubte, systematische Speicherung von Telefon- und Internetdaten ohne konkreten Anlass, halten Kritiker auch in ihrer überarbeiteten Form nach wie vor für einen Angriff auf Grundrechte. Mit dem Gesetz wird die Speicherung von Telekommunikationsdaten für zehn Wochen und von Standortdaten bei Gesprächen im Mobilfunknetz für vier Wochen geregelt. Daten zum E-Mail-Verkehr sind von den Regelungen ausgenommen.
Die erste Regelung zur Vorratsdatenspeicherung wurde nach drei Jahren im Jahr 2010 vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt. Den bei der Neufassung vom Gesetzgeber sehr wohl zugegebenen Eingriff in die Grundrechte wollte das Bundesjustizministerium durch eine reduzierte Speicherdauer sowie höhere Zugriffshürden für die Daten gering halten.
So legte das Ministerium Wert darauf, dass mit den gespeicherten Daten keine Persönlichkeits- und Bewegungsprofile erstellt werden dürfen. Auch erklärte es, dass sogenannte Berufsgeheimnisträger, Notrufe sowie Beratungsstellen besonderen Schutz erfahren und E-Mails sollen nicht gespeichert werden sollen. Außerdem sollen “nur Verbindungsdaten”, nicht aber Inhalte von Gesprächen gespeichert werden.
Das ist in den Augen der Kritiker aber lediglich Kosmetik. Denn “die Vorratsdatenspeicherung ist das erste Überwachunggesetz, das sich gegen die ganze Bevölkerung richtet. Das ist der Dammbruch”, erklärt Patrick Breyer von der Piratenfraktion Schleswig-Holstein in einer von Digitalcourage e.V. herausgegebenen Stellungnahme. “Die Unterscheidung zwischen Inhalts- und Kommunikationsdaten stimmt nicht mehr. Wir wissen heute, nach dem aktuellen Stand der Forschung, dass Metadaten Rückschlüsse zulassen, die mindestens so tiefgreifend wie die Inhalte sind.”
Ein weiteres Zugeständnis des Gesetzgebers war, dass Sicherheitsbehörden lediglich im Zusammenhang mit schweren Straftaten und nach richterlicher Genehmigung auf die gespeicherten Daten zugreifen dürfen. Außerdem müssen die Betroffen bei einem Abruf ihrer Daten stets über den Zugriff durch die Sicherheitsbehörden informiert werden. Doch auch das halten die Kritiker für Augenwischerei. Ihnen geht es darum “ob wir in einem Staat leben, in dem ermittelt wird, oder in einem, in dem präventiv alle Bürgerinnen und Bürger überwacht werden“, wie ein Sprecher heute erklärte.
Klage der Provider läuft schon
Zwar können Provider bei besonders hohen Kosten für die Speicherung auf Entschädigungen durch den Staat hoffen, dennoch hat der des eco Verband der Internetwirtschaft e.V. das Vorhaben als “Mittelstandskiller” kritisiert. Der Anforderungskatalog ziehe für die betroffenen Unternehmen einen immensen Aufwand bei der Umsetzung nach sich. Insbesondere im Mittelstand seien die Auswirkungen “verheerend”. Einer der mittelständischen Provider, die Münchner Firma Space.net, hatte auch daher bereits im Mai eine Klage eingereicht, mit der unter anderem geklärt werden soll, ob die verlangte anlasslose Datenspeicherung mit EU-Recht vereinbar ist.
Außerdem verletzen nach Ansicht des Klägers die Vorschriften für die Vorratsdatenspeicherung sowohl die Berufsfreiheit als auch die unternehmerische Freiheit. Schließlich bürdeten sie Providern auch Kosten in dreistelliger Millionenhöhe auf, wobei viele dieser Kosten kleine Anbieter im Verhältnis stärker treffen als große, was ein “völlig unnötiger Eingriff in den Markt” sei.